Finale im Fach Violoncello des 58. Internationalen Instrumentalwettbewerbes Markneukirchen

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4 Finalisten Fach Cello Bildrechte

(gd) – Nachdem einen Tag zuvor der Kontrabass als Mitglied der Familie der Streichinstrumente in der Finalrunde im Interesse der Zuhörer stand, kam nun am 12. Mai 2023 das Violoncello an die Reihe. Das Violoncello (ital.: kleine Violone) gehört zur Viola-da-braccio-Familie. Die deutsche Bezeichnung war früher auch kleine Bassgeige. Dieses Instrument entstand nach 1535 in Norditalien.

Gleich vier junge Cellisten von ursprünglich 63, die diesen Wettbewerb begonnen hatten, wetteiferten nun um die begehrten Preise, unterstützt wurden sie wieder von den Clara-Schumann-Philharmonikern Plauen-Zwickau unter der bewährten Leitung von GMD Leo Sibirski, der es verstand, die jungen Solisten mit viel Einfühlungsvermögen sicher durch die drei Sätze (Allegro moderato / Adagio / Rondo - Allegro) des Cellokonzerts Nr. 2 in D-Dur (Hob. VIIb:2) von Joseph Haydn zu führen. 1783 entstanden, ist es eines der wenigen aus der Zeit der reifen „Wiener Klassik“. Haydn komponierte das Konzert für den Cellisten Antonín Kraft, der von 1778 bis 1790 Cellist in der Esterhazyschen Kapelle war. Das etwa 24-minütige Konzert ist kantabler und lyrischer als das vorhergehende erste Cellokonzert. Haydn hatte 1781 Wolfgang Amadeus Mozart kennengelernt, sich mit ihm angefreundet und ausgetauscht und eifrig mit ihm Quartett gespielt. Und so lernte Haydn von ihm u. a. das „Singende Allegro“ – die kantable Melodik in den schnellen Sätzen.

Nach der Höflichkeitsformel „Ladies first“ ging es nicht, dennoch durfte Grace Sohn aus Kanada als erste Finalistin auf die Bühne. Sie begann ihre musikalische Reise bereits im Alter von sechs Jahren. Eine aufstrebende Musikerin ihrer Generation, die als eine der "30 Hot Classical Musician under 30" ausgezeichnet wurde.
Sie war u.a. erste Preisträgerin des Wiener Wettbewerbs für klassische Streicher, des Internationalen Anton-Rubinstein-Wettbewerbs in Berlin und des Internationalen Busan-Maru-Wettbewerbs in Südkorea.  Kürzlich war sie Preisträgerin beim OSM-Wettbewerb in Montreal und beim Internationalen Johannes-Brahms-Wettbewerb in Pörtschach, Österreich. Grace trat bereits als Solistin mit verschiedenen namhaften Orchestern auf.
Sie nahm auch an Meisterkursen mit renommierten Künstlern wie David Geringas, Jens Peter Maintz, Rafael Wallfish und Wolfgang Emanuel Schmidt teil. Außerdem ist sie Stipendiatin der Liechtensteinischen Musikakademie.
Heute lebt sie in Berlin, wo sie an der Hochschule für Musik "Hanns Eisler" bei Prof. Troels Svane studiert.
Grace beherrscht ihr Instrument in allen Facetten und Lagen. Sie zeigte mit ihrem kraftvollen, virtuosen Spiel, dass sie zu Recht im Finale stand. Doch vermisste man etwas die Beseeltheit, das Einfühlen in die Musik Haydns!

Vilem Vlcek, 1998 geboren, durfte als nächster Kandidat sein Können zeigen. Er erhielt seinen ersten Unterricht mit 6 Jahren bei Prof. Martin Skampa und wurde 2010 in die Klasse von Martin und Mirko Skampa am Prager Musikgymnasium aufgenommen. Seit 2018 studiert er an der Musik-Akademie Basel in der Klasse von Danjulo Ishizaka. Neben dem Studium nahm er an verschiedenen Meisterkursen – darunter bei Yo-Yo Ma, Frans Helmerson, Leonidas Kavakos, Steven Isserlis und Alisa Weilerstein – teil.
Vilem ist Gewinner verschiedener nationaler und internationaler Wettbewerbe, unter anderem des Cello Wettbewerbs in Liezen, Talents for Europe, Jan Vychytil Cello Wettbewerbs, Bohuslav Martinu Wettbewerb und aktuell im Jahr 2022 Gewinner des Rahn Musikpreises.  Solistisch hat Vilem mit vielen renommierten Orchestern, so etwa der Tschechischen Philharmonie, dem Kammerorchester Basel, dem Luzerner Sinfonieorchester, dem Prager Symphonie Orchester u.a.  gespielt. Dabei arbeitete er unter anderem mit Dirigenten wie Jiri Belohlavek, Petr Altrichter, Wolfgang Emanuel Schmidt, Jiri Rozen, Joonas Pitkänen und Nicolas Ellis zusammen.
Er konnte mit seiner ausgereiften Interpretation, mit seiner gestalterischen Vielfalt und seinem souveränen Spiel in diesem anspruchsvollen Konzert überzeugen und bekam für seinen Vortrag viel Applaus. Er bewies, dass er die ganze klangliche Bandbreite seines Instrumentes beherrscht und mit großer Musikalität, Virtuosität und Einfühlungsvermögen die Gipfel der Musik erklimmen kann. Mit seiner eigenen Kadenz konnte er auch seine große Kreativität und sein musikhistorisches Verständnis unter Beweis stellen.

Gustaw Bafeltowski, geboren 2002 in Polen, begann seine musikalische Ausbildung im Alter von 6 Jahren an einer Musikschule in Warschau. Bereits in den ersten Jahren spielte er in verschiedenen Kammermusik- und Orchesterbesetzungen mit. In seiner späteren Ausbildung wurde seine musikalische Arbeit stark von Julius Berger, Marcin Zdunik, Andrzej Bauer, Danjulo Ishizaka und Steven Doane beeinflusst. Er errang Preise bei nationalen und internationalen Wettbewerben, darunter bei so bedeutenden wie dem Internationale Dotzauer-Wettbewerb in Dresden, dem Internationale Wilkomirski-Wettbewerb in Poznan oder dem Internationale Bogdan-Warchal-Wettbewerb "Talente für Europa" in Dolny Kubin.  Derzeit setzt er seine musikalische Ausbildung an der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf unter der Leitung von Pieter Wispelwey fort.
Gustaw ließ sich vom plötzlich einsetzenden, nicht zu überhörenden Starkregen kaum beeinflussen und zeigte mit seinem extrovertierten, energisch virtuosen Spiel, dass auch er zu Recht in der Finalrunde stand.  In seiner eigenen Kadenz legte er wohl mehr Wert auf Virtuosität, dennoch verriet auch sie sein musikalisches Werkverständnis. Als jüngster der vier Finalisten überzeugte er die zahlreichen Zuhörer mit einer sehr reifen Interpretation.

Tzu-Shao Chao beendete dann als vierter Finalist den Wettbewerb. Der junge Cellist, geboren 2001 in Taiwan, begann bereits mit vier Jahren Cello zu lernen. Er hat seinen Bachelor an der Hochschule für Musik und Tanz Köln bei Prof. Maria Kliegel absolviert. Zurzeit studiert er an der Hochschule für Musik und Theater München bei Prof. Wen-Sinn Yang.
Er wurde bei verschiedenen internationalen Wettbewerben ausgezeichnet. Im Jahr 2020 war er Finalist beim Anna Kull Wettbewerb in Graz und beim Pablo Casals International Awards for Young Cellists, wo er auch ein „honourable mention“ erreichte. Er erhielt den “Grand Prix’’ auf nationalem Niveau beim World Vision music contest und war Preisträger beim International Concerto Competition. Im Juni 2019 nahm er an einem Wettbewerb des Lions-club Köln für ein Stipendium in der HfMT Köln teil und gewann den ersten Preis. Außerdem ist er seit 2018 Stipendiat des Kultur-Ministeriums in Taiwan.
Tzu-Shao Chao tritt häufig in Konzerten auf. Im Sommer 2020 übernahm er z.B. den Solo Part in den Haydn Konzerten D-Dur und C-Dur mit dem National Taiwan Symphony Orchestra und der Camerata Hamburg. Er nahm an zahlreichen Meisterkursen berühmter Cellisten, wie z.B. Yo-Yo Ma, Tsuyoshi Tsutsumi, Maria Kliegel, Alexander Rudin, Phillipe Muller, Frans Helmerson, Wolfgang Emanuel Schmidt oder Maximilian Hornung teil.
Seine weiche Tongebung, sein gefühlvolles, dynamisches Spiel war beeindruckend. Die große Virtuosität, gepaart mit Werkverständnis und starker Ausdruckskraft im 1. und 3. Satz und seine einfühlsame Interpretation des 2. Satzes waren das „Markenzeichen“ seines Vortrages.

Ein großer Dank geht an GMD Leo Sibirski und die Clara-Schumann-Philharmoniker Plauen-Zwickau, die mit ihrem transparenten Orchesterklang, ihrem Verständnis für die Individualität eines jeden einzelnen Solisten stets ein verlässlicher musikalischer Partner und einfühlsamer Begleiter der Finalisten waren.

Nach einer etwas längeren Beratungszeit, die natürlich auch der größeren Zahl der Teilnehmer am Finale geschuldet war, verkündete Prof. Julius Berger, der auch hier noch einmal seine Begeisterung über das außerordentlich hohe Niveau der Finalrunde zum Ausdruck brachte, die Entscheidung der 8 Juroren:

  1. Preis: Vilem Vlcek (Tschechische Republik)
  2. Preis: Gustaw Bafeltowski (Polen)
  3. Preis: Tzu-Shao Chao (Taiwan)
  4. Platz: Grace Sohn (Kanada)

Da es 4 Finalisten waren, aber nur drei Preise vergeben werden können, tröstete Prof. Berger die Viertplatzierte: „… alle bekommen etwas, und alle können sich freuen, und ich denke, es ist eine Auszeichnung, Finalist des IIW Markneukirchen zu sein!“

Allen Finalisten die herzlichsten Glückwünsche und weiterhin viel Erfolg in ihrer musikalischen Arbeit!